Bei <bibl><reftarget="#E0800060"/> (303)</bibl> übersetzt mit <qxml:lang="en">just opposite</q> (dt.: gleich gegenüber), anstelle von <qxml:lang="fr">tout à côté</q> (dt.: ganz in der Nähe).
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<lb/><sic>en</sic> formant ma version personnelle.
<notetype="commentary"resp="#E0300361">
Das <mentionedrend="dq-du">alte Puppenspiel</mentioned> vom Doktor Faust spielte für <persNamekey="E0300017">Busoni</persName> eine wichtige Rolle bei der Wahl des Sujets für eine große Oper. Im Zentrum der Handlung sollte eine <q>hervorragende historische und sprichwörtliche Figur</q> stehen, <q>die mit dem Zauberischen und Unenträtselten zusammenhinge</q> (<bibl><reftarget="#E0800374"/>, S. 99</bibl>). <persNamekey="E0300017">Busoni</persName> zog in Erwägung, <persNamekey="E0300215">Dante</persName> oder <persNamekey="E0300779">Leonardo da <placeNamekey="E0500836">Vinci</placeName></persName> (in einer mythisierten Form) zum Gegenstand einer neuen <placeNamekey="E0500013">italienischen</placeName> Nationaloper zu machen (vgl. <bibl><reftarget="#E0800137"/>, S. 314–316</bibl>; <bibl><reftarget="#E0800023"/>, Bd. 2, S. 1035 f., Anm. 61</bibl>), entschied sich aber letztlich für die Faust-Figur. <q>Faust – Casperle! […] So müsste neues Werk beschaffen sein!</q>, notierte <persNamekey="E0300017">Busoni</persName> bereits <datewhen-iso="1910">1910</date> (<bibl>Tagebucheintrag vom <datewhen-iso="1910-10-16">16.10.1910</date>, Typoskript, <reftype="ext"subtype="kalliope"target="#DE-611-HS-2472731"><idno>D-B, N.Mus.Nachl. 4,98 (Nachlass Ferruccio Busoni II)</idno></ref>, <reftype="ext"target="http://resolver.staatsbibliothek-berlin.de/SBB00014B7000000017">Digitalisat der <orgName>Staatsbibliothek zu <placeNamekey="E0500029">Berlin</placeName></orgName></ref></bibl>). Doch schon kurze Zeit später traten Zweifel zutage: <q>F[aust]? Literarisch zu schwer, durch <persNamekey="E0300124">Goethe</persName>-Vergleich.</q> (Tagebucheintrag vom <datewhen-iso="1910-12-09">9.12.1910</date>, ebd., <reftype="ext"target="http://resolver.staatsbibliothek-berlin.de/SBB00014B7000000019">Digitalisat</ref>.) <persNamekey="E0300017">Busoni</persName> stellte sich der Herausforderung des Themas: <q>Aus dem waltenden Zwiespalt [der Faust-Idee verfallen, aber zu große Ehrfurcht vor <persNamekey="E0300124">Goethes</persName><titlekey="E0400431">Faust</title>] zwischen Sehnsucht und Entsagung befreite mich die inzwischen erfolgte Bekanntschaft mit dem alten Puppenspiel, von dem ich mehrere Versionen prüfte, für das ich mich entschied, das zum Ausgangspunkt meines Operntextes wurde</q> (<bibl><reftarget="#E0800374"/>, S. 101</bibl>). Das Libretto wurde <datewhen-iso="1918">1918</date> erstmals publiziert (siehe <bibl><reftarget="#E0800136"/></bibl>).
Das <mentionedrend="dq-du">alte Puppenspiel</mentioned> vom Doktor Faust spielte für <persNamekey="E0300017">Busoni</persName> eine wichtige Rolle bei der Wahl des Sujets für eine große Oper. Im Zentrum der Handlung sollte eine <q>hervorragende historische und sprichwörtliche Figur</q> stehen, <q>die mit dem Zauberischen und Unenträtselten zusammenhinge</q> (<bibl><reftarget="#E0800374"/>, S. 99</bibl>). <persNamekey="E0300017">Busoni</persName> zog in Erwägung, <persNamekey="E0300215">Dante</persName> oder <persNamekey="E0300779">Leonardo da <placeNamekey="E0500836">Vinci</placeName></persName> (in einer mythisierten Form) zum Gegenstand einer neuen <placeNamekey="E0500013">italienischen</placeName> Nationaloper zu machen (vgl. <bibl><reftarget="#E0800137"/>, S. 314–316</bibl>; <bibl><reftarget="#E0800023"/>, Bd. 2, S. 1035 f., Anm. 61</bibl>), entschied sich aber letztlich für die Faust-Figur. <q>Faust – Casperle! […] So müsste neues Werk beschaffen sein!</q>, notierte <persNamekey="E0300017">Busoni</persName> bereits <datewhen-iso="1910">1910</date> (<bibl>Tagebucheintrag vom <datewhen-iso="1910-10-16">16.10.1910</date>, Typoskript, <reftype="ext"subtype="kalliope"target="#DE-611-HS-2472731"><idno>D-B, N.Mus.Nachl. 4,98 (Nachlass Ferruccio Busoni II)</idno></ref>, <reftype="ext"target="http://resolver.staatsbibliothek-berlin.de/SBB00014B7000000017">Digitalisat der <orgName>Staatsbibliothek zu <placeNamekey="E0500029">Berlin</placeName></orgName></ref></bibl>). Doch schon kurze Zeit später traten Zweifel zutage: <q>F[aust]? Literarisch zu schwer, durch <persNamekey="E0300124">Goethe</persName>-Vergleich</q> (Tagebucheintrag vom <datewhen-iso="1910-12-09">9.12.1910</date>, ebd., <reftype="ext"target="http://resolver.staatsbibliothek-berlin.de/SBB00014B7000000019">Digitalisat</ref>).<persNamekey="E0300017">Busoni</persName> stellte sich der Herausforderung des Themas: <q>Aus dem waltenden Zwiespalt [der Faust-Idee verfallen, aber zu große Ehrfurcht vor <persNamekey="E0300124">Goethes</persName><titlekey="E0400431">Faust</title>] zwischen Sehnsucht und Entsagung befreite mich die inzwischen erfolgte Bekanntschaft mit dem alten Puppenspiel, von dem ich mehrere Versionen prüfte, für das ich mich entschied, das zum Ausgangspunkt meines Operntextes wurde</q> (<bibl><reftarget="#E0800374"/>, S. 101</bibl>). Das Libretto wurde <datewhen-iso="1918">1918</date> erstmals publiziert (siehe <bibl><reftarget="#E0800136"/></bibl>).
<lb/>Der <datefrom-iso="1924-07-27">nach <persNamekey="E0300017">Busonis</persName> Tod</date> aus Anlass der Versteigerung seiner umfangreichen Privatbibliothek gedruckte <reftarget="#E0800375">Auktionskatalog</ref> listet zwei <q>Versionen</q> des Puppenspiels, die <persNamekey="E0300017">Busoni</persName> im Mindesten kannte: die <rskey="E0400322">Puppenspiel-Bearbeitung</rs> von <persNamekey="E0300356">Karl Simrock</persName> (in einer gemeinsamen <rskey="E0800384">Ausgabe mit dem Faust-Volksbuch</rs>) sowie <titlekey="E0400595">Das Puppenspiel vom Doktor Faust</title> in der Ausgabe von <persNamekey="E0300774">Georg Ehrhardt vom <placeNamekey="E0500826">Zinnwalde</placeName></persName> (vgl. <bibl><reftarget="#E0800375"/>, Nr. 366, S. 34</bibl>). Wie am Beispiel der Aufführung des <orgNamekey="E0600194">Marionetten-Theaters <placeNamekey="E0500034">Münchener</placeName> Künstler</orgName> jedoch zu erkennen ist, bietet der Katalog keine vollständige Übersicht, denn <persNamekey="E0300729">Paul Branns</persName><rskey="E0400565">Puppenspiel-Bearbeitung</rs> etwa ist dort nicht enthalten. <persNamekey="E0300017">Busoni</persName> dürfte also weitere <q>Versionen</q> im Sinn gehabt haben, wenn er in Briefen und Schriften immer wieder das <mentionedrend="dq-du">alte Puppenspiel</mentioned> vom Doktor Faust zur Sprache bringt. <persNamekey="E0300017">Busonis</persName> Faszination für den Faust-Stoff und die vielfältige Auseinandersetzung damit spiegelt sich in weiteren Bänden seiner Büchersammlung. Dazu gehören u. a. die <datewhen-iso="1587">1587</date> erstmals gedruckte <titlekey="E0400587">Historia von D. Johann Fausten</title>, auch das <soCalledrend="dq-du">Volksbuch</soCalled> genannt (vgl. <bibl><reftarget="#E0800375"/>, Nr. 366, S. 34</bibl>), <persNamekey="E0300739">Christopher Marlowes</persName><rskey="E0400586">Doctor Faustus</rs> als Teil einer <rskey="E0800385">Sammelausgabe seiner Werke in Erstauflage</rs> (vgl. <bibl><reftarget="#E0800375"/>, Nr. 831, S. 68</bibl>), die <reftarget="#E0800393">Sage vom Doctor Faust</ref> aus der Feder von Christian Ludwig Stieglitz (vgl. <bibl><reftarget="#E0800375"/>, Nr. 366, S. 34</bibl>), <persNamekey="E0300169">Heinrich Heines</persName><rskey="E0500005">Tanzpoem zum Doktor Faust</rs> (vgl. <bibl><reftarget="#E0800375"/>, Nr. 540, S. 47</bibl>), <persNamekey="E0300124">Goethes</persName><titlekey="E0400431">Faust</title> in gleich mehreren Einzel- und Gesamtausgaben (vgl. <bibl><reftarget="#E0800375"/>, Nr. 447–456, S. 41</bibl>), die Legende von Twardowski, dem <placeNamekey="E0500425">polnischen</placeName> Pendant zu <persNamekey="E0300124">Goethes</persName> Faust-Figur (vgl. <bibl><persNamekey="E0300017">Busonis</persName> Notizen zur <titlerend="dq-du">Verwechslung von Drama und Oper</title>, [o. O.], <datewhen-iso="1921-05-15">Pfingsten 1921</date>, Ms.autograph, <reftype="ext"subtype="kalliope"target="#DE-611-HS-3392107"><idno>D-B, Mus.Nachl. F. Busoni C I, 163</idno></ref>, <reftype="ext"target="http://resolver.staatsbibliothek-berlin.de/SBB000237CC00000000">Digitalisat der <orgName>Staatsbibliothek zu <placeNamekey="E0500029">Berlin</placeName></orgName></ref></bibl>), eine umfangreiche <reftarget="E0800376">Zusammenstellung der Faust-Schriften vom <datewhen-iso="1501/1884">16. Jahrhundert bis Mitte 1884</date></ref> (vgl. <bibl><reftarget="#E0800375"/>, Nr. 366, S. 34</bibl>) und weitere Publikationen, die mit dem Fauststoff in Zusammenhang stehen.
<persNamekey="E0300376">Jarnach</persName> hatte Versuche, seine erste Sinfonie zu schreiben – in der Korrespondenz mit <persNamekey="E0300017">Busoni</persName> als <qxml:lang="fr">gros morceau</q> umschrieben (siehe <bibl><persNamekey="E0300376">Jarnachs</persName><reftarget="#D0101675"n="3">Brief vom <datewhen-iso="1919-10-10">10.10.1919</date></ref></bibl>) –, im <datewhen-iso="1919-11">November 1919</date> eingestellt, indem er nach langem Ringen immerhin den ersten Satz beendete und diesen unter dem Titel <titlekey="E0400534">Sinfonia brevis</title> zu einem eigenständigen Werk deklarierte (vgl. <bibl><reftarget="#E0800350"/>, S. 87 f.</bibl> sowie <bibl><persNamekey="E0300376">Jarnachs</persName><reftarget="#D0101676"n="2">Brief</ref> an <persNamekey="E0300017">Busoni</persName> vom <datewhen-iso="1919-11-19">19.11.1919</date></bibl>). Abgesehen von der <soCalledrend="sq-du">gescheiterten</soCalled> Sinfonie war der von <persNamekey="E0300017">Busoni</persName> angesprochene Moment der (künstlerischen) Krise vermutlich auf mehrere Faktoren zurückzuführen: Zum einen wurden <persNamekey="E0300376">Jarnachs</persName> Werke in seiner <placeNamekey="E0500132">Züricher</placeName> Zeit <datefrom-iso="1914">ab 1914</date> nur sehr regional begrenzt wahrgenommen, über den Status einer lokalen Größe als Pianist, Komponist und Lehrer am <rskey="E0600136">Konservatorium</rs> kam <persNamekey="E0300376">Jarnach</persName> nicht hinaus (vgl. <bibl><reftarget="#E0800350"/>, S. 87 f.</bibl>). Zum anderen waren es überhaupt nur drei Kompositionen – das <titlekey="E0400498">Streichquintett</title>, die <titlekey="E0400504">Sonatine für Flöte und Klavier</title> und die <titlekey="E0400534">Sinfonia brevis</title> –, die überhaupt regelmäßig aufgeführt und auch gedruckt wurden. Ursache für diese Beschränkung könnte gewesen sein, dass die übrigen Werke der <placeNamekey="E0500092">Schweizer</placeName> Zeit <persNamekey="E0300376">Jarnachs</persName> eigenen qualitativen Ansprüchen um <datewhen-iso="1920">1920</date> nicht mehr genügten (vgl. <bibl><reftarget="#E0800350"/>, S. 111</bibl>). Erschwerend kam hinzu, dass in <persNamekey="E0300376">Jarnachs</persName> Wahrnehmung das <placeNamekey="E0500132">Züricher</placeName> Geistesleben zunehmend verödete. Freunde wie etwa <persNamekey="E0300736">James Joyce</persName> oder <persNamekey="E0300703">Otto Luening</persName>, die ebenso wie <persNamekey="E0300376">Jarnach</persName>, <persNamekey="E0300017">Busoni</persName> und zahlreiche weitere Künstler nur für die <datewhen-iso="1914/1918">Zeit des Ersten Weltkriegs</date> in <placeNamekey="E0500132">Zürich</placeName> lebten, hatten die Stadt mittlerweile wieder verlassen (vgl. <bibl><reftarget="#E0800350"/>, S. 88 f.</bibl>, siehe auch <persNamekey="E0300376">Jarnachs</persName><reftarget="#D0101702"n="2">Brief vom <datewhen-iso="1920-10-19">19.10.1920</date></ref> an <persNamekey="E0300017">Busoni</persName>, nachdem dieser im <datewhen-iso="1920-09">September 1920</date> nach <placeNamekey="E0500029">Berlin</placeName> zurückgekehrt war).
<persNamekey="E0300376">Jarnach</persName> hatte Versuche, seine erste Sinfonie zu schreiben – in der Korrespondenz mit <persNamekey="E0300017">Busoni</persName> als <qxml:lang="fr">gros morceau</q> umschrieben (siehe <bibl><reftarget="#D0101675"n="3"><persNamekey="E0300376">Jarnachs</persName> Brief vom <datewhen-iso="1919-10-10">10.10.1919</date></ref></bibl>) –, im <datewhen-iso="1919-11">November 1919</date> eingestellt, indem er nach langem Ringen immerhin den ersten Satz beendete und diesen unter dem Titel <titlekey="E0400534">Sinfonia brevis</title> zu einem eigenständigen Werk deklarierte (vgl. <bibl><reftarget="#E0800350"/>, S. 87 f.</bibl> sowie <bibl><reftarget="#D0101676"n="2"><persNamekey="E0300376">Jarnachs</persName> Brief</ref> an <persNamekey="E0300017">Busoni</persName> vom <datewhen-iso="1919-11-19">19.11.1919</date></bibl>). Abgesehen von der <soCalledrend="sq-du">gescheiterten</soCalled> Sinfonie war der von <persNamekey="E0300017">Busoni</persName> angesprochene Moment der (künstlerischen) Krise vermutlich auf mehrere Faktoren zurückzuführen: Zum einen wurden <persNamekey="E0300376">Jarnachs</persName> Werke in seiner <placeNamekey="E0500132">Züricher</placeName> Zeit <datefrom-iso="1914">ab 1914</date> nur sehr regional begrenzt wahrgenommen, über den Status einer lokalen Größe als Pianist, Komponist und Lehrer am <rskey="E0600136">Konservatorium</rs> kam <persNamekey="E0300376">Jarnach</persName> nicht hinaus (vgl. <bibl><reftarget="#E0800350"/>, S. 87 f.</bibl>). Zum anderen waren es überhaupt nur drei Kompositionen – das <titlekey="E0400498">Streichquintett</title>, die <titlekey="E0400504">Sonatine für Flöte und Klavier</title> und die <titlekey="E0400534">Sinfonia brevis</title> –, die regelmäßig aufgeführt und auch gedruckt wurden. Ursache für diese Beschränkung könnte gewesen sein, dass die übrigen Werke der <placeNamekey="E0500092">Schweizer</placeName> Zeit <persNamekey="E0300376">Jarnachs</persName> eigenen qualitativen Ansprüchen um <datewhen-iso="1920">1920</date> nicht mehr genügten (vgl. <bibl><reftarget="#E0800350"/>, S. 111</bibl>). Erschwerend kam hinzu, dass in <persNamekey="E0300376">Jarnachs</persName> Wahrnehmung das <placeNamekey="E0500132">Züricher</placeName> Geistesleben zunehmend verödete. Freunde wie etwa <persNamekey="E0300736">James Joyce</persName> oder <persNamekey="E0300703">Otto Luening</persName>, die ebenso wie <persNamekey="E0300376">Jarnach</persName>, <persNamekey="E0300017">Busoni</persName> und zahlreiche weitere Künstler nur für die <datewhen-iso="1914/1918">Zeit des Ersten Weltkriegs</date> in <placeNamekey="E0500132">Zürich</placeName> lebten, hatten die Stadt mittlerweile wieder verlassen (vgl. <bibl><reftarget="#E0800350"/>, S. 88 f.</bibl>, siehe auch <persNamekey="E0300376">Jarnachs</persName><reftarget="#D0101702"n="2">Brief vom <datewhen-iso="1920-10-19">19.10.1920</date></ref> an <persNamekey="E0300017">Busoni</persName>, nachdem dieser im <datewhen-iso="1920-09">September 1920</date> nach <placeNamekey="E0500029">Berlin</placeName> zurückgekehrt war).