Brief von Ferruccio Busoni an Robert Freund (Berlin, 22. April 1912) Letter by Ferruccio Busoni to Robert Freund (Berlin, 22 April 1912) Ferruccio Busoni Prepared by Lukas Baake Digitization by Staatsbibliothek zu Berlin · Preußischer Kulturbesitz Institut für Musikwissenschaft und Medienwissenschaft der Humboldt-Universität zu Berlin Berlin Attribution-NonCommercial-ShareAlike 4.0 International (CC BY-NC-SA 4.0) Ferruccio Busoni – Briefe und Schriften Briefe Briefwechsel Ferruccio Busoni – Robert Freund Christian Schaper Ullrich Scheideler Deutschland Berlin Staatsbibliothek zu Berlin · Preußischer Kulturbesitz Musikabteilung mit Mendelssohn-Archiv Nachlass Ferruccio Busoni Mus.Nachl. F. Busoni B I, 543 Mus.ep. F. Busoni 45 (Busoni-Nachl. B I) Kalliope-Verbund DE-611-HS-561471 Busonireagiert auf Freunds Bewertung der Oper Die Brautwahlmit Kritik an der Leistung des Orchesters und des Ensembles sowie an der Austattung des Hamburger Stadtheaters; benennt seine Idealvorstellung von der Figur des Leonhard; reflektiert den Schaffensprozess des Werkes. Ich reise heute nach Italien 4 Blatt 3 beschriebene Seiten Der Brief ist gut erhalten. Hand des Absenders Ferruccio Busoni, Brieftext in schwarzer Tinte, in lateinischer Schreibschrift. Hand des Archivars, der die Signaturen mit Bleistift eingetragen, eine Foliierung vorgenommen und ein Datum eingetragen hat. Hand des Archivars, der die Zuordnung innerhalb des Busoni-Nachlasses mit Rotstift vorgenommen hat Bibliotheksstempel (rote Tinte) Bibliotheksstempel (blaue Tinte) Poststempel (schwarze Tinte) Berlin 22.4.12 6-7 N 50 Berlin 22.4.12 6-7 N 50
Herrn Robert Freund Untere Zäune 7 Deutsche Staatsbibliothek Berlin Zürich (Schweiz)
Zürich 23.IV.12 – 2 BRIEFTRGR 22. April 1912 Mus.Nachl. F. Busoni B I, 543-Beil. Mus.ep. F. Busoni 45 Nachlaß Busoni B I m. 2 Marken
Berlin , S. 143–145

Erfassung von Briefen und Schriften von Ferruccio Busoni, ausgehend von Busonis Nachlass in der Staatsbibliothek zu Berlin · Preußischer Kulturbesitz.

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[1] Mus.Nachl. F. Busoni B I, 543 Mus.ep. F. Busoni 45 (Busoni-Nachl. B I) Verehrtester Freund,

ich reise heute nach Italien, u.und lasse Order, dass man Ihnen meinen CKlavier Ausz.auszug zuschicke.

Im vorhergehenden Brief erwähnt Freund als Hindernis einer fundierten Kritik mehrfach seine fehlende Ken̅tnis des Klavierauszuges von Busonis Oper Die Brautwahl.

Ich las vor wenigen Minuten Ihren guten Brief: – Ihre Eindrücke sind mir stets eine Richtschnur gewesen, und auch diesmal werden ich sie mich zum Nachdenken führen.

Mit dem Vorsp.Vorspiel zum III. Akt nehme ich an, daßss Sie die ganze SceneSzene am Froschteich meinen. Szene 14 der Oper. In dem vorhergehenden Brief bezeichnet Freund das Vorspiel zum III. Akt als ein Juwel.

Deutsche Staatsbibliothek Berlin Was dann folgt, (im selben Akte), liegt durchaus in den HaendenHänden des Leonhard, der am Abend der Erstaufführung entweder gar nicht sang, oder unrichtig. In der Uraufführung der Brautwahl am 13. April 1912 im Hamburger Stadtheater sang Robert vom Scheidt die Rolle des Leonhard. – Das Nachspiel wollte in zwei TheileTeile zerfallen; einen heiteren Lustspielhälfte und eine mystisch sich abwendende Schluss hälfte.

[2] B I, 543

Dier scenischeszenische StylStil war von vornherein auf einen unrichtigen Ton gestimmt: er hätte raffinierter, unwahrer, Bbilderbuch= u. Puppen spiel=artiger sein sollen. Die technischen Mittel der alten Hamburger Bühne reichten für den Hokus-pokus nicht aus. Für den Leonhard denke ich mir eine Erscheinung, etwa wie jene Liszts in seinen Fünfziger Jahren. Nobel, gütig, ironisch, überlegen.

Das Orchester versagte mehr als zur Hälfte: Dirigent der Uraufführung war Gustav Brecher. (die Partitur ist Deutsche Staatsbibliothek Berlin thatsächlich sauber, u. eigenartig. und ohne Nähte: solid gefügt.)

Sechs Sommer lang hat mich das Werk beschäftigt: die erste Hälfte der CKomposition fällt noch vor den Elegien, das Ganze vor der Berceuse él<choice><orig>e</orig><reg>é</reg></choice>giaque. Der Kompositionsprozess der Brautwahl begann 1906 und dauerte bis zur Uraufführung 1912 an (vgl. , S. 88). Seitdem habe ich gelernt und auch wieder mich verwandelt.

[3] B I, 543

Auf Diktion u.und Tonfall habe ich mich kapriziert; nicht nur, dass jede Person ihre eigene Sprechweise hat, sondern sie wird je nach der Gemüths- und Temperaments Sstimmung des Augenblicks modifiziert; dabei ist ein melodischer Sinn gewahrt. –

Ich glaube nicht, dass nach Wagner und Verdi ein so abgerundetes Zusammenwirken von Charakter, Klang, und Form u.und Gesang erreicht wurde, bei einer relativen Originalität: doch gestehe ich, dass ich selbst davon eine Lektion erhielt, deren Früchte ein nächstes Werk hoffentlich zeigen wird – und dass es nichts Vollkommenes giebt.

Ich bedauere, dass ich Sie Deutsche Staatsbibliothek Berlin nicht noch in Hamburg sprechen durfte; aber ich danke Ihnen innig dafür, dass sie hinkamen. Ich werde es Ihnen nicht vergessen.

Seien sie freundschaftlichst gegrüssßt von Ihrem treu ergebenen Ferruccio Busoni 22. April 1912. [Rückseite von Textseite 1, vacat] [Rückseite von Textseite 2, vacat] [Rückseite von Textseite 3] Nachlaß Busoni [4] [Voderseite von Blatt 4] [Rückseite von Blatt 4, vacat]