Brief von Ferruccio Busoni an Hans Huber <lb/>(Zürich, 20. April 1917) Ferruccio Busoni Prepared by Thea Olivia Beger Digitization by Basel, Universitätsbibliothek Institut für Musikwissenschaft und Medienwissenschaft der Humboldt-Universität zu Berlin Berlin Attribution-NonCommercial-ShareAlike 4.0 International (CC BY-NC-SA 4.0) Ferruccio Busoni – Briefe und Schriften Briefe Briefwechsel Ferruccio Busoni – Hans Huber Christian Schaper Ullrich Scheideler Schweiz Basel Universitätsbibliothek NL 30 : 22:A-H:16 Busoni begründet Huber ausführlich, warum er nicht am Genfer arbeiten möchte . 20 A 1917 20.IV.17-6 21.IV.17VIII- 21.IV.17-2 Verzeihen Sie, wenn ich mir erlaube 3 3 Bögen nur auf einer Seite beschrieben. Der Brief ist gut erhalten. Umschlagaufriss ohne Textverlust Hand des Absenders Ferruccio Busoni, Brieftext in schwarzer Tinte, in lateinischer Schreibschrift. unbekannte Hand, in rotem Buntstift, die die Adresse korrigiert hat. Hand des Archivars, der die Datierung, Blattnummerierung und Nummerierung im Briefwechsel mit Bleistift vorgenommen hat. Poststempel (schwarze Tinte) Poststempel (schwarze Tinte) Poststempel (schwarze Tinte) Poststempel (schwarze Tinte) Zürich 20.IV.17.-6 ottingen
Herrn Dr Hans Huber Angensteinerstrasse 30 Basel Grand Hôtel Locarno
Basel 21.IV.17.VII- Briefträger Locarno 21.IV.17.-2
Der Brief wurde in Zürich am 20. April 1917 verfasst. Refardt 1939, S. 28f.

Erfassung von Briefen und Schriften von Ferruccio Busoni, ausgehend von Busonis Nachlass in der Staatsbibliothek zu Berlin · Preußischer Kulturbesitz.

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Busoni, Ferruccio Zürich Huber, Hans Locarno Datei als Platzhalter erstellt, Transkription ausstehend. Bearbeitung übernommmen; status="unfinished" Codierung ageschlossen; status="proposed".
49. 20 A. April 1917 Verehrter, Lieber,

Verzeihen Sie, wenn ich mir erlaube Ihnen darin in dem Sinne zu widersprechen, daßdass ich es nicht für korrekt hielte an Mr Held In einem nicht vorliegenden Brief hat Held, der Direktor des Konservatoriums in Genf, Huber anscheinend gefragt, ob ob Busoni bei ihm unterrichten könnte. Genaueres zu Held wurde noch nicht herausgefunden. (siehe auch Refardt 1939, S. 28) selbst zu antworten, da er eben vorsichtiger weisevorsichtigerweise sich an Sie wandte, bevor er von mir eine etwaige Ablehnung riskierte. Darum müßenmüssen wir ihm eine solche ersparen, wie seine Empfindung – übrigens richtig – ihm diktiert.

Darum Also bitte ich Sie, sich die Mühe zu nehmen, den an Sie gerichteten Brief zu beantworten, von dem ich – um Mr Held zu schonen – doch eigentlich nicht zu wissen brauche! — Sie selbst haben niemals einen Taktfehler begangen und obwohl ich jedes Wort von Ihnen sonst mir gerne merke, hatte ich dieses eine Argument vergeßenvergessen.

Gegen die Genfer Idee spricht vor allem mein Unabhängigkeitsgefühl; sodann meine Sättigkeit am Anhören mühsamen Klavierspieles und Abneinung daran, täglich wieder den Weg zu wiederholen, den ich hinter mir liessließ.

Ein drittes Argument ist, daßdaß ich eine solche MißionMission, falls ich mich zu dieser berechtigt oder verpflichtet be trachtete, zunächst in meiner Heimat erfüllen müßtemüsste; wo man mir öfters – zuletzt in Rom Bonn Refardt schreibt Bonn (Refardt 1939, S. 29) sie mir nahe brachte.

Ein vierter Grund – und jetzt werden Sie lachen! – ist meine gänzliche Ver trauenslosigkeit in Sachen wirklicher Kunst gegen junge Damen; – und die bilden den Kern der Konservatorien.

Ein ganz gewichtiger Grund, ist ist, daßdass ich jetzt mit jedem Tage meines Lebens rechne, für das, daßdas mir noch zu thuntun übrig bleibt und daßdass ich es gewissenslos gegen mich fände, meine Zeit mit Dingen auszufüllen , die schon gethangetan sind, wo mir die Pflicht geboten und die Möglichkeit gegeben ist, Manchesmanches zu verrichten, das noch nicht gethangetan ist. —

Nebenbei: fiele weder an Geld, noch an Ruhm, noch an anregende Aufgabeanregenden Aufgaben genug ab, um für eine Gefangenschaft zu entschädigen, wie sie die mir bekannten VerhältnißeVerhältnisse (infolge von Berichten der Frau Prof.Professor Stavenhagen und da Motta’sda Mottas) Sowohl Agnes StavenhagensEhemann Bernhard als auch sein Nachfolger José Vianna da Motta haben am Genfer Konservatorium Meisterklassen im Fach Klavier gegeben. (MGG Personenteil Bd. 15, Spalte 1352, MGG Personenteil Bd. 12, Spalte 544) dort um einen schließen.

Nur Ihnen persönlich habe ich so ausführlich begründet. —

Darf ich noch hinzufügen, daßdass mich – nicht nur in Friedenszeiten – große Anträge in aller musikalischen Welt auf Monate lang unterwegs halten, so daßsodass ich la disperazione Italienisch: die Verzweiflung jedes wohlgeordneten Institutes durch meine Abwesenheiten werde, oder ernstliche Konflikte beschwöre. So bin ich beispielsweise für Okt. u. Nov.Oktober und November dieses Jahres als Gast-Dirigent der ersten englischen Konzertgesellschaften eingeladen.

Mr Held sagen Sie aber einfach, Sie wüßtenwüssten, daßdass ich keine feste Anstellung anzunehmen beabsichtigte.

Ich danke Ihnen herzlich für die MittheilungMitteilung und hoffe bald Gelegenheit zu haben Sie wieder zu sehen. — Ich wünsche und nehme an, daßdass die kleine Ferienzeit Kuraufenthalt in Locarno(Refardt 1939, S. 27) Ihnen gut angeschlagen hat! Anhaltende Nachwirkung der WohlthatWohltat blühe Ihnen weiter.

Ihr verehrungsoll u.und getreu ergebener F. Busoni

P.S. Meines Bedünkens waerewäre Emile Blanchet der richtige Mann für Genf. Er kennt den Mechanismus des Clavieres,Klavieres wie Wenigewenige, gehört zum Lande, ist fortschrittlich und dabei systematisch.

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