Brief von Ferruccio Busoni an Arnold Schönberg (Berlin, 2. August 1909) Ferruccio Busoni Prepared by Theresa Menard Digitization by Arnold-Schönberg-Center, Wien Institut für Musikwissenschaft und Medienwissenschaft der Humboldt-Universität zu Berlin Berlin Attribution-NonCommercial-ShareAlike 4.0 International (CC BY-NC-SA 4.0) Ferruccio Busoni – Briefe und Schriften Briefe Briefwechsel Ferruccio Busoni – Arnold Schönberg Christian Schaper Ullrich Scheideler USA Washington, D. C. The Library of Congress Music Division Arnold Schoenberg Collection Österreich Wien Arnold-Schönberg-Center 19514 Busoni berichtet Schönberg von seiner Auseinandersetzung mit dem 12/8-Stück (später Nr. 2 der Klavierstücke op. 11) sowie seinem Versuch einer klaviermäßigeren Einrichtung dieses Klavierstücks. Ich erhalte Ihren Brief rechtzeitig genug 1 Bogen 3 beschriebene Seiten Kariertes Papier; Seite 3 im Querformat beschrieben, auf der Rückseite von Seite 1. Der Brief ist gut erhalten. Hand des Absenders Ferruccio Busoni, Brieftext in schwarzer Tinte, in lateinischer Schreibschrift. Bibliotheksstempel (rote Tinte) Der Brief wurde in Berlin am 2. August 1909 verfasst. Theurich 1977, S. 168 f. Theurich 1979, S. 154 f. (Brief), S. 68 f. (Kommentar)

Erfassung von Briefen und Schriften von Ferruccio Busoni, ausgehend von Busonis Nachlass in der Staatsbibliothek zu Berlin · Preußischer Kulturbesitz.

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(* The * Library * of * Congress *) Sehr verehrter Herr Schönberg –

Ich erhalte Ihren Brief rechtzeitig genug, um ihn noch beantworten zu können. Am 2. August 1909 begab Busoni sich auf eine zehn- bis vierzehntägige Reise nach Italien, welche er in einer Krisis von Übermüdung verbrachte (Brief an Gottfried Galston vom 17. August 1909). Schönbergs Brief vom 31.7.1909 scheint ihn am Tag seiner Abreise erreicht zu haben (vgl. Weindel 1999 S. 27). Die genaue Länge der Reise lässt sich nicht exakt bestimmen; zwar schreibt Busoni am Ende dieses Briefes, sie solle zehn Tage andauern, jedoch lassen Briefe vom 16. August an Egon Petri und vom 17. August an Gottfried Galston durchaus eine kurze Verlängerung der Reise vermuten. (in beiden schreibt Busoni, er sei gerade von der Ferienreise zurückgekehrt, vgl. Weindel 1999 S. 107 und Weindel 1999 S. 30).

Ich muss Theurich 1977 (168): muß es thun, weil ich Ihnen gegenüber ein gutes – und ein böses Gewissen habe, und dases ist mir Bedürfnis, sie Ihnen beide offen zu zulegen.

Ich habe mich mit Ihren Stücken weiter beschäftigt, und jenes in 12/8 im 12/8-Takt Theurich 1977 (168) und Theurich 1979 (154): im 12/8 Takt. zog mich mehr u.nd Theurich 1977 (168) und Theurich 1979 (154): und. mehr an. Ich glaube, es ganz erfasst Theurich 1977 (168): erfaßt . zu haben, umso mehr als es sich mit einigen meiner eigenen Ideen über die nächste Aufgabe der Musik Busonis Vorstellungen über die nächste Aufgabe der Musik werden im zuerst 1907 erschienenen Entwurf einer neuen Aesthetik der Tonkunst entfaltet. deckt. – Wenn ich mit dem Inhalte auch ganz einverstanden geworden, so blieb mir die Form des Ausdruckes auf dem CKlavier ungenügend. Noch immer. Halten Sie meine Offenheit zu Gutezugute oder mich für beschränkt – gleichviel.

Wenn Sie auf vierstimmige gehaltene AccordeAkkorde – in ungünstiger Lage – das Zeichen < > Drei Klavierstücke op. 11, Nr. 2, Takt 11 f.: Arnold Schönberg, Drei Klavierstücke op. 11, Nr. 2, Takt 11 f. Ausführungen Schönbergs zur Nutzung und Interpretation der von Busoni beanstandeten Zeichensetzungen finden sich im nachfolgenden Brief. setzen, so bedeutet das eine Absicht, die in der Setzung nicht verwirklicht ist. Wie Das ist nicht Pianisten vorurtheilvorurteil, sondern unwiederlegbar. – So habe ich mir Ihr schönes Werk von allen Seiten u.und in allen Details betrachtet, und das möge Ihnen – bei meiner angehäuften Thätigkeit – beweisen, wie ernst es mir darum war u.und wie sehr mein Interesse in Anspruch genommen. (Sie haben Recht, wenn Sie hier einwerfen, das waeäre nur das Verdienst Ihres Stückes.) Jedenfalls – und hier tritt das böse Gewissen auf – habe ich mich so weit u.und nahe Theurich 1977 (168) und Theurich 1979 (155) fälschlich: u. so nahe. in Ihre Gedanken eingelebt, dass es mich unwiederstehlich dazu drängte, Ihre offenbaren Absichten mir selbst zum Klingen Theurich 1977 (168) und Theurich 1979 (155): klingen. zu bringen. – Wenn Sie von Klangsinn in der üblichen Bedeutung Busoni bezieht sich auf den vorhergehenden Brief Schönbergs vom 31. Juli 1909 (das Zitat ebd. auf S. 2). sprechen, so haben Sie – bei mir – den allgemein genannten CKlaviervirtuosen im Auge. Dagegen muss ich mich wieder wehren, denn ich mirbin mir sehr bewusst, gerade das keusche, unbestimmte, verfeinerte dem CKeusche, Unbestimmte, Verfeinerte dem Klavier hinzugefügt zu haben, den Klang ohne Technik. Im Jahr 1893 gelangte Busoni mit seinem Klavierspiel in eine Krise. 1910 schreibt er rückblickend: Es war jene Zeit meines Lebens, da ich mir solcher Lücken und Fehler in meinem eigenen Spiele bewußt geworden war, daß ich mit energischem Entschlusse das Studium des Klavieres von vorne und auf ganz neuer Grundlage begann. (Weindel 2006 S. 55) Durch dieses jahrelange Studium und eine ständige Weiterentwicklung seines Spiels gelang ihm schließlich eine mühelos erscheinende Darstellung der anspruchsvollsten Werke: eine Überwindung der Technik (vgl. Weindel 2006 S. 55, Ermen 1996 S. 36 ff. und Theurich 1979 S. 69 f.).

Um meine Beichte zu beenden, verg erfahren Sie, dass ich (unbescheidener Wweise) Ihr Stück uminstrumentiert Theurich 1977 (165) und Theurich 1979 (149) stillschweigend: uminstrumentiert habe. Trotzdem das es meine Privat- Sache Privatsache Inwieweit Busoni seine Uminstrumentierung tatsächlich als Privatsache ansah, lässt sich nicht genau feststellen. In einem Brief von Gottfried Galston an Busoni vom 6. August 1909 heißt es jedoch: Auch das paraphrasierte Schönberg-Stück wird wohl bald gedruckt; es interessiert mich auch sehr. (Weindel 1999 S. 29). Offenbar rechnete Busoni fest mit einem Einverständnis Schönbergs bezüglich einer Veröffentlichung der Paraphrase. bleibt, so durfte ich Siesie Ihnen nicht verschweigen, mögen Sie mir auch zürnen.

Ich bin natürlich auf die folgenden Sachen begierig u.und in freudiger Erwartung darauf.

Hoffen wir, dass Sie mir Ihr Vertrauen – trotz Mmanchem – weiter bewahren: das Gegentheil würde mich sehr enttäuschen.

Ich verreise auf nur 10zehn Tage und bin dann wieder zu Ihrer Verfügung, als

Ihr Sie hochachtender Ferruccio Busoni 2. August 1909